Befruchtung & Schwangerschaft: Was passiert während der Entstehung des Lebens?

Es ist immer wieder faszinierend und gleicht einem Wunder: die Entstehung eines neuen Lebens. Innerhalb weniger Monate entwickelt sich ein menschliches Wesen aus einer einzigen, winzig kleinen Zelle zu einem hochkomplexen Organismus mit Billionen von Zellen. Doch bis es soweit ist, durchläuft es eine Vielzahl verschiedener Entwicklungs- stufen, die durch charakteristische Merkmale geprägt sind.

Die Befruchtung

Der Höhepunkt einer Liebesbegegnung: Mehrere hundert Millionen von männlichen Samenfäden (Spermien) machen sich auf den Weg zur mütterlichen Eizelle, die sich während der fruchtbaren Phase der Frau im Eileiter befindet. Doch nur einige Tausend davon schaffen den rund 20 cm beschwerlichen Weg durch den schleimgefüllten Kanal des Gebärmutterhalses über die Gebärmutter zum Eileiter. Und nur die schnellsten und beweglichsten Samenfäden erreichen ihr Ziel: Sie umgeben die Eizelle und versuchen in sie einzudringen.

Doch nur eine einzige Samenzelle schafft es tatsächlich, durch die Membran in die rund hundertmal größere Eizelle zu gelangen. Kaum ist das Spermium in die Eizelle eingedrungen, wandern die Zellkerne der Ei- und Samenzelle aufeinander zu und verschmelzen miteinander. Die eigentliche Befruchtung findet jetzt statt und die erste Zelle eines neuen Menschen ist entstanden.

Die erste Woche

Der 1. Tag
Schon einen Tag nach der Befruchtung teilt sich die befruchtete Eizelle (Zygote) zum ersten Mal. Einige Stunden später sind bereits zwei Zellen entstanden. Viele Millionen Mal wird sich diese Teilung noch vollziehen, bis sich ein menschliches Wesen entwickelt hat.

Der 2. Tag
Die beiden Zellen teilen sich erneut. Das neue Leben hat das Vier-Zell-Stadium erreicht. Jetzt beginnt die Reise aus dem Eileiter in Richtung Gebärmutter.

Der 3. Tag
Der kleine Keimling teilt sich fleißig immer weiter. Aus den mittlerweile acht Zellen bildet sich eine Zellkugel, die einer Maulbeere ähnelt, die sogenannte Morula. Noch hat sie ihr Ziel, die Gebärmutter, nicht erreicht und wandert den Eileiter entlang.

Der 4. Tag
Nun dringt Flüssigkeit in das Innere der Zellkugel und schiebt die Zellen auseinander, bis sich eine Hohlkugel aus zwei unterschiedlichen Zellschichten gebildet hat. Aus der Morula hat sich die sogenannte Blastozyste entwickelt. Die beiden Zellschichten bestehen aus der inneren Zellmasse (Embryoblast), aus der später das Kind und die innere Eihaut (Amnion) hervorgehen und einer äußeren Zellschicht (Trophoblast), aus der sich die Zottenhaut (Chorion) und der Mutterkuchen, die Plazenta, bilden.

Der 5. Tag
Am fünften Tag nach der Befruchtung kommt die Blastozyste in der Gebärmutterhöhle an und heftet sich an die obere Gebärmutterwand. In den nächsten Tagen ist sie damit beschäftigt, tief in die Gebärmutterschleimhaut einzudringen.

Die zweite Schwangerschaftswoche

Während sich die Blastozyste im Verlauf der zweiten Woche nach der Befruchtung in der Gebärmutterschleimhaut eingenistet hat, entwickelt sich aus der äußeren Zellschicht Trophoblastenzellen. Sie suchen Anschluss an das mütterliche Blut. Es entstehen blutgefüllte Einbuchtungen, über die der Keimling ernährt wird.

Die dritte Schwangerschaftswoche

Rund zwei Wochen nach der Befruchtung bildet der innere Zellhaufen eine flache Scheibe aus drei Schichten: Aus der äußeren Schicht entwickeln sich später Haut, Nervensystem, Augen und Ohren. Die mittlere Schicht formt Muskulatur, Skelett, Herz, Nieren und Genitalien. Die innere Schicht ist für die Bildung der Blutgefäße, des Verdauungssystems sowie Lunge und Blase verantwortlich.

Die vierte Schwangerschaftswoche

Mit dem Wachstum der Neuralanlage, aus der Gehirn und Rückenmark hervorgehen, krümmt sich die Keimscheibe und nimmt die embryoförmige, längliche Gestalt an. In der vierten Woche hat der neue Mensch die größte körperliche Veränderung seines ganzen Lebens und das Stadium seines schnellsten Wachstums bewältigt.

Der zweite Monat (5. – 8. Schwangerschaftswoche)

Nach vier Wochen nistet der Embryo bereits tief in der Gebärmutter und ist rund fünf Millimeter groß, so groß wie ein Reiskorn. Der kleine Zellhaufen hat allmählich Gestalt angenommen: Kopf, Rumpf und Gliedmaßen sind deutlich zu erkennen. Das Gehirn hat sich bereits entwickelt, das Nervensystem wird langsam ausgebildet. Auch das Herz ist schon vorhanden und hat zu schlagen begonnen. Blutgefäße verbinden das Herz über die Nabelschnur mit dem Mutterkuchen (Plazenta). Lunge und Nieren sind bereits entwickelt.

Die Handflächen und Fingerknospen werden angelegt und beginnen zu wachsen. Gegen Ende des zweiten Monats wird das Gesicht modelliert und die Keimanlagen für die Zähne bilden sich. Die Handlinien und Linien der Fußsohlen sind für immer ausgeprägt. Der Embryo ist von Eihäuten umschlossen und enthält bereits Fruchtwasser. In der 8. Woche ist der Embryo ca. 2 Zentimeter lang – rund 10.000 mal größer als zum Zeitpunkt der Befruchtung.

Der dritte Monat (9. – 14. Schwangerschaftswoche)

Der Embryo gleicht jetzt einem menschliches Wesen. Das Gesicht hat ein kindliches Profil bekommen: Augen, Stupsnase und Mund sind deutlich zu erkennen. Die Arme haben Hände mit winzigen Fingern und auch die Füße samt Zehen sind mittlerweile ausgebildet. Aus dem Embryo hat sich ein Fötus entwickelt. Alle Organe sind angelegt und üben teilweise ihre Funktion aus: Die Leber bildet Blutzellen und die Nieren ziehen Harnsäure aus dem Blut ab. Gegen Ende des dritten Monats ist das Kind etwa 12 cm lang und wiegt rund 110 Gramm.

Während dieser Entwicklungsstufe ist das neue Leben besonders empfindlich. Infektionen, Röntgenstrahlen oder Medikamente können nur all zu leicht dem Embryo schwere Schäden zufügen und zu schlimmen Missbildungen oder gravierenden Entwicklungsschädigungen führen. Ist der Fötus geschädigt, greift die Natur meist selber ein: Es kommt zu Fehlgeburten.

Der vierte Monat (15.-18. Schwangerschaftswoche)

Wie ein Astronaut im Weltall schwebt der Fötus schwerelos im Fruchtwasser. Sein Atemreflex ist mittlerweile gut ausgebildet. Da seine Lungenbläschen noch nicht entwickelt sind, nimmt der Fötus über die Plazenta Sauerstoff und Nährstoffe aus dem Blut der Mutter auf. Das Kind „trainiert“ seine Verdauung und Ausscheidung, indem es Fruchtwasser trinkt und über die Blase entleert. Gelegentlich bekommt er davon sogar einen Schluckauf.

Außerdem wird der Fötus jetzt ganz schön mobil: er greift nach der Nabelschnur, lutscht an seinen Fingern und kann sogar schon seinen Gesichtsausdruck ändern. Mit etwas Glück kann man die Geschlechtsorgane – Penis oder Vagina – auf dem Ultraschallbild erkennen. Am Ende des vierten Monats ist das Kind ca. 19 cm groß und wiegt schon rund 170 Gramm.

Der fünfte Monat (19. – 22. Schwangerschaftswoche)

Es ist Halbzeit! Die körperliche Entwicklung des Kindes ist zwar schon ganz schön vorangeschritten. Doch ein Leben außerhalb des mütterlichen Körpers ist noch nicht möglich. Schlaf- und Wachphasen wechseln sich ab. Der träumende REM-Schlaf überwiegt. Ist das Baby wach, bewegt es sich ausgiebig. Es strampelt mit Armen und Beinen und schlägt mit Vorliebe Purzelbäume. Noch hat es ausreichend Platz, um sich auszutoben.

Das Gehör ist soweit ausgereift, dass das Kind den Herzschlag der Mutter und die glucksenden Bauchgeräusche hören kann. Es reagiert auch auf Geräusche, die es von „außen“ wahrnehmen kann. Es erkennt die Stimme der Mutter und strampelt dabei vor Freude. Am Ende des fünften Monats ist das Kind ca. 25 cm lang und wiegt rund 340 Gramm.

Der sechste Monat (23. – 26. Schwangerschaftswoche)

Die Talgdrüsen in der Haut bilden eine fettige Substanz, die Käseschmiere. Sie überzieht den ganzen Körper des Ungeborenen und schützt seine Haut vor Einwirkungen des Fruchtwassers. Außerdem wird braunes Fett in die Haut eingelagert. Es dient als Energielieferant und Wärmespeicher nach der Geburt. Die Zellen der Hirnrinde, die für das bewusste Denken verantwortlich sind, reifen jetzt heran. Am Ende des sechsten Monats ist das Kind etwa 33 cm lang und wiegt ca. 500 Gramm.

Der siebte Monat (27. – 31. Schwangerschaftswoche)

Im siebten Monat ist die körperliche Entwicklung fast abgeschlossen. Kommt ein Kind nach der 26. Woche schon zur Welt, hätte es im Brustkasten bereits gute Überlebenschancen. Mittlerweile hat es schon seinen eigenen Schlafrhythmus. Das Kind öffnet eine Augen, feine Wimpern sind schon vorhanden. In den kommenden Wochen legt es kräftig an Gewicht zu. Am Ende des siebten Monats ist das Kind etwa 42 cm lang und wiegt zwischen 1200 und 1800 Gramm.

Der achte Monat (32. – 36. Schwangerschaftswoche)

Die meisten Babys drehen sich nun mit dem Kopf nach unten und befinden sich somit in der geburtsgerechten Lage. Platz für Bewegungen bleibt kaum, in der Gebärmutterhöhle wird es für das Kind langsam eng. Das Kind reagiert auf Lichtreize und kann mittlerweile sehen. Es schließt die Augen nur zum schlafen.

Die feinen Lanugohaare fallen aus. Fett wird weiter in die Haut eingelagert: es dient als Energielieferant und Wärmespeicher nach der Geburt. Die Fingernägel haben die Fingerspitzen erreicht. Die Lungenbläschen reifen aus. Es legt jetzt nochmals ordentlich an Gewicht zu: pro Woche rund 200 Gramm. Am Ende des achten Monats ist das Kind etwa 47 cm lang und wiegt zwischen 2200 und 2700 Gramm.

Der neunte Monat (37. – 40. Schwangerschaftswoche)

Jetzt ist das Kind so groß, dass es sich im Fruchtwasser kaum noch drehen kann. Um so vitaler ist die Gehirnaktivität: Das Bewusstsein ist mittlerweile deutlich ausgeprägt. Das Sehvermögen des Ungeborenen hat sich deutlich verbessert, die Augenbewegungen sind koordiniert. Die Plazenta wächst zwar nicht mehr, arbeitet aber dennoch weiter. Das Kind bereit sich auf die Geburt vor. Es gewöhnt sich an das Zusammenziehen der Gebärmutter.Ein voll ausgereiftes Kind ist durchschnittlich 50 – 52 cm lang und wiegt rund zwischen 3000 und 4000 Gramm.