Senioren bei den Senioritas – Fernreisen im Alter

Die deutschen Senioren zählen zu den Reiseweltmeistern. Das finden man in fast jeder Reisegruppe immer wieder bestätigt. Ein begrüßenswerter Trend, denn Reisen aktiviert den gesamten Organismus, schafft Abwechslung, neue Eindrücke stimulieren Körper, Seele und Geist. Vereinsamung und Stimmungstiefs werden nachweisbar seltener, der Leere im Seniorenalltag wird vorge-beugt. Seniorenreisen sind also durchaus zu empfehlen – wenn das vorhandene Leistungsvermögen und die individuellen Ansprüche richtig eingeschätzt werden.

Wer als Rollstuhlfahrer eine Städtereise in das treppenreiche Venedig bucht, ist genauso schlecht beraten, wie die (vielen!) Gehbehinderten, die sich bei Städtereise stöhnend von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit quälen oder das auf der Höhe gelegene Hotel kaum verlassen können. Allgemeine Reiseratschläge für Senioren sind kaum zu erteilen, da das individuelle Leistungsvermögen zu unterschiedlich ist. Mancher Siebzigjährige läuft einem Siebzehnjährigen davon, andere fallen sich und den Mitreisenden schon bei geringen Anstrengungen zur Last. Das Wichtigste ist: Das Kennen und Einhalten der eigenen Grenzen!

Woran sollten ältere Reisende besonders denken?

  1. Die Anpassungsfähigkeit im Alter ist eingeschränkt. Senioren brauchen längere Zeit, um sich an neue Umweltbedingungen anzupassen. Fernreisen von längerer Dauer sind daher günstiger als gedrängte, mit Terminen und Stress angefüllte Kurzreisen (das gilt natürlich nicht für Tagesreisen zu Nahzielen).
  2. Die Aufnahmefähigkeit im Alter lässt nach. Zwischen einzelnen Reisehöhepunkten (z.B. Besichtigung von Sehenswürdigkeiten) sollten ausreichende Pausen zur Erholung eingelegt werden.
  3. Im Alter ist bei sehr vielen Menschen das Herz-Kreislauf-System geschwächt. Zu große Hitze belastet dieses System zusätzlich, die Anpassungsfähigkeit der Blutgefäße ist aber nicht mehr so stark wie in jungen Jahren. Auf Reisen in der hochsommerlichen Saison in die Tropen sollten daher Ältere im Allgemeinen verzichten.
  4. Vor negativen Überraschungen ist man nie sicher. Für Ältere sind Alleinreisen ungeeignet, besser ist es, sich Reisegruppen und organisierten Veranstaltungen anzuschließen.
  5. Ältere Menschen haben – von imponierenden Ausnahmen abgesehen – meist mehrere kleinere oder größere Gebrechen, derentwegen sie Arzneimittel einnehmen müssen. Unterwegs wird die regelmäßige Einnahme oft vergessen. Es empfiehlt sich daher, eine spezielle Dosierungsschachtel mit den Tagesdosen morgens vorzubereiten und mit sich zu führen. Eine verordnete Therapie darf keineswegs ohne ärztliche Anweisung unterbrochen werden.
  6. Nicht alle Arzneimittel sind in den Tropen bedenkenlos haltbar. Fragen Sie Ihren Apotheker, ob für die Medikamente besondere Maßnahmen (Kühllagerung o.ä.) notwendig sind.
  7. Die Kost in den Reiseländern ist mitunter besonders für traditionsverbundene Senioren gewöhnungsbedürftig. Ältere nehmen daher oft weniger zu sich. Es empfiehlt sich, dann auf jeden Fall Vitamine und Spurenelemente zuzuführen (fragen Sie in der Apotheke nach geeigneten Präparaten).
  8. Für ältere Menschen ist es besonders wichtig, ausreichend zu trinken. Ihr Organismus enthält weniger gespeicherte Flüssigkeitsreserven. 3-4 Liter Flüssigkeit werden von Experten empfohlen, wenn zusätzlicher Schweißverlust einsetzt. Mit dem Schweiß gehen auch Salze verloren. Die Flüssigkeitszufuhr sollte daher stets mit salzhaltigen Getränken (Mineralwasser, Fruchtsäfte) erfolgen, nicht mit Leitungswasser oder gar Alkoholika.
  9. Die Alterhaut ist sonnenempfindlicher, da es langsamer zur Bildung von Schutzpigmenten kommt. Der Aufenthalt in der Sonne ist daher auch eitlen und bräunungswilligen Seniorinnen nur mit Vernunft und Sonnenschutz zu empfehlen.
  10. Die Alterhaut muss gerade auf Fernreisen besonders gepflegt und vor klimatischen Belastungen geschützt werden. Fragen Sie in der Apotheke nach den besten Möglichkeiten.
  11. Bei älteren Menschen kommt es leichter zum Hitzestau, da die Blutgefäße schlechter die Wärmeregulation bewerkstelligen. Es sollte daher stets darauf geachtet werden, dass die Sonne nicht prall auf den (eventuell kaum durch Haarpracht geschützten) Kopf brennen kann und die Kleidung luftig ist.
  12. Im Alter friert man leichter, das ist bei abendlicher Kühle in den Fernreisegebieten zu beachten. Auch die Klimaanlagen in den Hotels sollten den unterschiedlichen Wohlfühltemperaturen Rechnung tragen.
  13. Im Alter lässt die Knochenfestigkeit nach (Osteoporose). Die Gefahr von Knochenbrüchen nimmt zu. Es ist daher besonders wichtig, mit geeignetem, festem, rutschfestem Schuhwerk zu wandern.
  14. Die Zeitumstellung bei West-Ost- und Ost-West-Flügen bedingt keineswegs selten Schlafstörungen in den ersten Urlaubstagen bzw. nach der Rückkehr. Es ist in dieser Situation nichts dagegen einzuwenden, ein schnell wirksames Schlafmittel (Einschlafmittel) oder pflanzliche Beruhigungsmittel (Baldrian) anzuwenden.
  15. Bei anstrengenderen Fußmärschen kann es leicht dazu kommen, dass die Muskeln verkrampfen und schmerzen. Oft hilft die Zufuhr von Magnesium, um die Blutversorgung und die Nervenregulation in der Muskulatur zu verbessern.
  16. Krampfadern und andere Venenveränderungen sind keine Besonderheit des Alters, aber sie treten im Alter gehäuft auf. Seniorinnen und Senioren mit Krampfadern oder „offenen Beinen“ sollten bei Flugreisen oder längeren Autofahren unbedingt Stützstrümpfe tragen und Fußgymnastik betreiben
  17. Die Umstellung in der Ernährung und die stärkere Flüssigkeitsausscheidung belasten oftmals den Darm und es kommt zu einer Verstopfung. 3-4 tage ohne Stuhlgang sind nicht beunruhigend. Dauert das Warten noch länger, sollte mit einem leichten Abführmittel (die Apotheke berät), am besten einem fettenden Zäpfchen (Glyzerin) Abhilfe geschaffen werden. Starke Abführmittel sind problematisch. Sie können Durchfälle über Tage bewirken und so von allen Urlaubsaktivitäten abhalten.
  18. Urlaubserlebnisse sind auch ein gutes Training der Hirnfunktion. Erinnern Sie sich am Abend immer möglichst detailliert, was Sie am Tage erlebt haben, welche besonderen Eindrücke Sie hatten, versuchen Sie sich Personen, Namen, Sehenswürdigkeiten vor dem „geistigen Auge“ vorzustellen.
  19. Wenn es in Ihrem Hotel möglich ist, sollten Sie Ihre Abendmahlzeit vor 20 uhr einnehmen. Die südlichen Mahlzeiten (sehr spätes Abendbrot) sind für Senioren mitunter schlafraubend.
  20. Seien Sie aufgeschlossen allem Neuen gegenüber. Die Gefahr, sich mit gleichaltrigen Mitreisenden nur über die eigenen Gebrechen und Missempfindungen zu unterhalten, ist bei Seniorinnen besonders groß und gefährdet den Erholungseffekt.

Generell gilt für alle älteren Fernreisenden mit besonderen Krankheiten (Herzleiden, Diabetes, Skelettveränderungen, Durchblutungsstörungen, Asthma, Allergien u.a.) dass sie vor Reiseantritt von ihrem Arzt spezielle Verhaltensregel für ihren speziellen Krankheitsfall und eine individuelle Reiseapotheke erhalten sollten. Jeder Fall ist anders, und was für den einen richtig ist, kann dem anderen schaden. Man sollte also keineswegs die „besonders guten Arzneimittel meines Arztes“ austauschen oder ärztliche Empfehlungen den Tipps von Mitreisenden opfern.

Reisen im Alter – das kann im besten Sinne Vorbeugung und Therapie sein, aber es kann auch zum Risiko werden, wenn die Vernunft zu Hause gelassen wird.