Was tun bei Schwindel? Ursachen, Symptome & Therapie: Medikamente gegen den Schwindel

Schwindel ist ein Symptom und keine eigenständige Krankheit und entsteht immer dann, wenn das Gehirn im Unklaren über die Orientierung des Körpers im Raum ist. Etwa jeden Zehnten „schwindelt“ ab und zu. Besonders Menschen, die älter sind als 65 Jahre klagen darüber. Nach Kopfschmerzen ist der Schwindel der zweithäufigste Anlaß für einen Arztbesuch. Das ist nicht verwunderlich – tritt Schwindel doch bei mehr als 100 Krankheiten als Begleiterscheinung auf.

Ursachen & Risikofaktoren

Die Ursachen sind außerordentlich vielfältig, da es sich bei Schwindel um eine Begleiterscheinung vieler unterschiedlicher Erkrankungen handeln kann. In vielen Fällen lässt sich keine Ursache ausmachen.

Nach dem Ursprungsort der Störung wird zwischen peripherem Schwindel und zentralem Schwindel unterschieden. Der periphere Schwindel wird auch Ohrschwindel, Vestibularisschwindel oder Labyrinthschwindel genannt. Es liegt eine Störung des Innenohrs vor, meist aufgrund einer Minderdurchblutung. Ursache können allgemeine Durchblutungsstörungen sein, doch auch Schädigungen durch Medikamente wie zum Beispiel durch das Antibiotikum Streptomycin und Acetylsalizylsäure Info oder eine Infektion mit Viren oder Bakterien. Dabei kann z. B. der Vestibularisapparat (Gleichgewichtsorgan im Innenohr) wie bei der Menière -Krankheit vorübergehend gestört sein, evtl. sogar ausfallen. Die Ursache des peripheren Schwindels kann aber genauso im Hirnstamm, an einem Hirnnerv oder im Kleinhirn lokalisiert sein.

Sehr häufig ist der sogenannte gutartige Lagerungsschwindel. Er tritt anfallsartig bei beistimmten Kopf- oder Körperhaltungen auf und äußert sich als Drehschwindel, der etwa eine Minute andauert.

INFO Vestibularapparat
Gleichgewichtsorgan im Ohr, das uns die Orientierung im Raum ermöglicht. Es besteht aus drei Bogengängen (schlauchartige Gebilde, die fast senkrecht aufeinander stehen), Sacculus (mit Flüssigkeit gefülltes Bläschen, das Sinneszellen enthält) und Utriculus (Ausgangspunkt der Bogengänge). Der Vestibularapparat enthält mehrere Sinnesfelder, welche jegliche Lageveränderung des Körpers registrieren.

 

INFO Lagerungsschwindel
Tritt bei bestimmten Kopfbewegungen auf. Ursachen können sein: Gutartiger Lagerungsschwindel, bei dem ein abgebröseltes Teilchen im Innenohr das Gleichgewichtsorgan durcheinander bringt. Durchblutungsstörungen im Gehirn, Alkohol, Medikamente, Schädigungen am Kleinhirn können den Lagerungsschwindel auslösen bzw. verschlimmern.

INFO Drehschwindel
Eigener Körper und Umwelt drehen sich scheinbar, als ob man in einem Karussell fährt. Diese Anfälle dauern oft nur wenige Minuten wie beim gutartigen Lagerungsschwindel, können aber auch über Stunden und Tage bestehen wie bei der Menière-Krankheit.

Schuld daran ist ein kleines Teilchen, das sich aus der Wand des Innenohrs gelöst und in den Bogengängen festgesetzt hat. Dort reizt es die Sinneszellen und jetzt klappt die Koordination zwischen Gleichgewichtsorgan im Innenohr, optischen Eindrücken und Fühl- und Tastsinn nicht mehr. Folge ist ein Drehschwindel.

Der zentrale Schwindel beruht auf einer Störung im Gehirn und wird deshalb auch Hirnschwindel genannt. Bei älteren Menschen ist die Ursache häufig eine zerebrale Durchblutungsstörung aufgrund einer Arteriosklerose, durch die sich die Blutgefäße verengen. Dadurch kommt es zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn und die Weiterleitung von Nervenimpulsen wird gestört. Oft klagen ältere Patienten, daß ihnen immer schwindelig wird, wenn sie nach oben blicken. Dann ist die Ursache oft eine Verkalkung der hinteren, unteren Kleinhirnarterie.

Bei jüngeren Menschen ist in vielen Fällen ein niedriger Blutdruck schuld an einer verminderten Sauerstoffversorgung des Gehirn. Doch auch ein zu hoher Blutdruck oder starke Blutdruckschwankungen können schwindelig machen.

Ebenso können Verspannungen im Halswirbelsäulenbereich die Blutzufuhr zum Gehirn drosseln und Schwindelanfälle auslösen. Zu solchen Verspannungen kommt es auch bei Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule, zum Beispiel bei Osteoporose oder Arthrose.

Mitunter ziehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen Schwindel nach sich. Meist tritt in diesem Fall der Schwindel zusammen mit Kurzatmigkeit oder Benommenheit unter körperlicher Belastung auf. Auch Herzrhythmusstörungen können verantwortlich für die Schwindelgefühle sein. Erkennbar sind sie gelegentlich an einem zu langsamen Puls oder Pulsunregelmäßigkeiten.

Nicht zu vergessen ist der psychogene Schwindel, ein Begleitsymptom von Angst und Phobien (z. B. phobischer Schwankschwindel) Schwindel kann auch in Zusammenhang mit Sehstörungen bei Augenmuskellähmung oder bei Reisekrankheit auftreten. In diesen Fällen spricht man von visuellem Schwindel.

Da die Blutgefäße empfindlich auf äußere Reize reagieren, löst ein Wetterumschwung bei empfindlichen Menschen Schwindelanfällen aus. Auch wer wenig schläft, zu viel Alkohol und Kaffee trinkt, muß sich nicht über gelegentliche Schwindelattacken wundern. Fieber und Flüssigkeitsmangel kommen auch als Ursachen in Frage.
In sehr seltenen Fällen sind Tumoren Auslöser von Schwindel. Meist sind dann gleichzeitig Kopfschmerzen, Sehstörungen, Sprachschwierigkeiten oder andere Ausfallerscheinungen vorhanden.

Symptome & Kranheitsbild

Die Symptome sind sehr unterschiedlich. Der periphere Schwindel äußert sich als Drehschwindel, Schwankschwindel, Liftschwindel oder Taumelgefühl. Ein über Stunden und Tage anhaltender plötzlicher Drehschwindel ist typisch für die Menière-Krankheit, Entzündungen des Vestibularisnervs, Schädigungen des Innenohrs. Diese Formen sind oft von heftiger Übelkeit und Erbrechen begleitet.

INFO Liftschwindel
Gefühl zu sinken oder gehoben zu werden.

Der zentrale Schwindel äußert sich als Taumelgefühl, Unsicherheits- oder Benommenheitsgefühl und gelegentliches Schwarzwerden vor den Augen. Auffällig oft treten die Symptome Schwindel, Schwerhörigkeit und Tinnitus gemeinsam auf.

Auswirkungen & Folgen

Die Schwindelanfälle können für den Betroffenen sehr quälend sein und machen unsicher, da sie ohne Vorwarnungen auftreten. Neben der Sturzgefahr besteht die Gefahr, dass man sich immer mehr zurückzieht und gar nicht mehr aus dem Haus traut. Dies führt zu einem Bewegungsmangel, wobei das Gleichgewichtsorgan immer mehr „abschlafft“.

Erkennung & Untersuchungen

Die Diagnostik zielt immer darauf ab, die Grunderkrankung aufzuklären. Wichtig ist daher, dass Sie Ihrem Arzt die Symptome so genau wie möglich beschreiben. Dadurch liefern Sie ihm in der Mehrzahl der Fälle den entscheidenden Hinweis, wo die Ursache liegen könnte (z. B.: Zu welcher Tageszeit treten die Schwindelanfälle auf? Bei welchen Tätigkeiten treten sie auf? Wie äußern sie sich? Wie lange dauert ein Schwindelanfall? Von welchen Beschwerden ist der Schwindel begleitet? Wie häufig treten Schwindelattacken auf? Tritt der Schwindel bei immer bei bestimmten Bewegungen auf?). Eine Blutdruckmessung und ein EKG geben Aufschluß über eine Durchblutungsstörung oder Herz-Kreislauf-Erkrankung als Ursache.

Um den zentralen und peripheren Schwindel voneinander zu unterscheiden, gibt es einen einfachen Test: Den Tretversuch nach Unterberger-Fukuda. Dieser läuft folgendermaßen ab: Der Patient schließt die Augen und streckt die Arme nach vorne aus. Dann marschiert er eine Minute auf der Stelle. Liegt eine Störung im Innenohr vor, dreht er sich dabei um die eigene Achse. Eine Drehung von mehr als 45° gilt als krankhaft. Bleibt man eine Minute lang nach dem Treten stehen und vergrößert sich dabei die Körperschwankung, weist dies auf einen zentralen Schwindel hin.

Zur weiterführenden Diagnostik dient die Elektronystagmographie. Dies ist eine Methode zur elektronischen Aufzeichnung von spontanem und experimentell ausgelösten Augenbewegungen (Nystagmus Info). Die Aufzeichnungen der Augenbewegungen liefern typische Muster, anhand derer sich viele Störungen zuordnen lassen.

INFO Nystagmus
Unwillkürliche rhythmische Augenbewegungen, die meist waagerecht verlaufen. Kann durch mehrere Faktoren ausgelöst werden. Zum Beispiel: Durch Drehung auf einem Drehstuhl und plötzliches Stoppen. Durch warmes Wasser, das in ein Ohr eingefüllt wird (kalorischer Nystagmus). Es gibt aber auch pathologische Nystagmen, die spontan auftreten, zum Beispiel den Blickrichtungsnystagmus, der immer auftritt, bei einem Blick in eine bestimmte Richtung, oder den Lagerungsnystagmus, der auftritt, wenn der Kopf in eine bestimmte Position gebracht wird. Er ist mit Drehschwindel verbunden.

Therapie

Wenn es möglich ist, wird immer die Grunderkrankung behandelt. Ist dies nicht möglich oder bringt die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung – z. B. einer Arteriosklerose – keine Besserung, so werden die Krankheitszeichen behandelt, wenn die Beschwerden akut sind. Für die symptomatische Therapie stehen Antihistaminika und Sedativa zur Verfügung.

Medikamente

Betahistin, das zur Gruppe der Antihistaminika gehört, hat eine gute Wirkung bei der Menière-Krankheit, einer Form des peripheren Schwindels. Es besetzt bestimmte Histaminrezeptoren und verbessert auf diese Weise die Durchblutung. Nach neueren Ergebnissen soll es auch bei zentralem Schwindel helfen, braucht dort aber eine längere Anlaufzeit.

Zur vorbeugenden Behandlung von Schwindel, Erbrechen, Übelkeit in Zusammenhang mit Reisekrankheit wird häufig Dimenhydrinat verordnet. Auch hier handelt es sich wieder um ein Antihistaminikum, welches vorzugsweise den sogenannten H1-Rezeptor blockiert, der im Gehirn im sogenannten Brechzentrum zu finden ist.
Da diese Präparate müde machen und das Reaktionsvermögen einschränken, sollte ihr Einsatz vorher gut abgewogen werden.

Eine Behandlung der Symptome sollte zwar ausreichend lange durchgeführt werden, auch müssen die Patienten die Medikamente regelmäßig einnehmen. Es handelt sich aber um keine Dauertherapie. Die Behandlung ist immer zeitlich begrenzt. Es besteht sonst die Gefahr, dass sich das Gehirn an die veränderte Situation gewöhnt. Das Gehirn ist nämlich anpassungsfähig und kann sich nach einiger Zeit an eine Störung gewöhnen, indem es die Reize anders verarbeitet.

Pflanzliche Medikamente

Zur unterstützenden Behandlung von Schwindel, der mit Reisekrankheit in Verbindung steht, kann sich ein Versuch mit Ingwer lohnen. Es gibt Ingwer-Pulver oder Kapseln mit Ingwerpulver gegen Reisekrankheit.

Zu den durchblutungsfördernden pflanzlichen Mitteln zählen Gingko oder Knoblauchpräparate. Zur Unterstützung von Herz-Kreislauf bei Arteriosklerose bieten sich Mistelpräparate an.

Außerdem gibt es noch eine Reihe von homöopathischen Mitteln (Einzel- und Komplexmittel) zur Behandlung von Schwindel unterschiedlicher Ursachen. Häufig enthalten sie Conium und Cocculus.

Lagerungstechniken

Mit Lagerungstechniken wird der gutartige Lagerungsschwindel erfolgreich behandelt. Dabei bringt der Arzt durch bestimmte Manöver das lose Teilchen, welches das Gleichgewichtsorgan verwirrt, wieder an die richtige Stelle. Bei diesen Übungen erlernt der Patient gleichzeitig Kopf- und Körperhaltungen, die seine Beschwerden lindern.

Schwindeltraining

Einen wichtigen Stellenwert in der Behandlung von Schwindel hat das „Schwindeltraining“. Darunter versteht man Gleichgewichts- und Koordinationsübungen um das Gleichgewichtsorgan zu trainieren sowie Entspannungsübungen im Bereich des Nackens, um die Durchblutung zu verbessern.
Das Schwindeltraining eignet sich für jeden, egal welche Ursache der Schwindel hat. Es ergänzt die medikamentöse Behandlung, verkürzt die akuten Beschwerden und ist gut zur Vorbeugung.

Eine einfache Übung zum Einstieg: Legen Sie sich mit geöffneten Augen hin. Bewegen Sie Ihre Augen erst langsam und dann immer schneller nach oben und nach unten, nach rechts und nach links. Wiederholen Sie die Übung mit geschlossenen Augen.

Als nächstes machen Sie die Augenbewegungen zusammen mit Kopfbewegungen. Dann fixieren Sie einen Punkt an der Wand und drehen den Kopf nach oben und unten, nach links und nach rechts, ohne den Punkt aus den Augen zu verlieren. Tritt kein Schwindelgefühl auf, wiederholen Sie das Ganze im Sitzen. Weitere Übungen für Fortgeschrittene: Balancieren auf einer Linie mit offenen und geschlossenen Augen. Als kleine Einlage werfen Sie einen Ball nach oben und versuchen Sie ihn wieder aufzufangen.

Beispiele für Nackenübungen zur Muskelentspannung: Ziehen Sie die Schultern hoch bis zu den Ohren, bis drei zählen und wieder fallen lassen. Beide Schultern gleichzeitig rückwärts kreisen. Falten Sie die Hände hinter den Kopf. Die Ellenbogen sollten dabei links und rechts gerade zur Seite weisen. Dann drücken Sie den Hinterkopf langsam gegen die gefalteten Hände und machen dabei ein Doppelkinn. Dadurch wird der Nacken gedehnt.

Es gibt viele Broschüren, in denen solche Übungen beschrieben sind. Am besten fragen Sie Ihren Arzt danach.

Vorsorge

Meiden Sie Kaffee, schwarzen Tee, Alkohol. Seien Sie sparsam mit Zucker und Salz. Bleiben Sie morgens noch eine Weile auf der Bettkante sitzen, bevor Sie sich in den Tag stürzen. Stehen Sie grundsätzlich langsam auf, besonders nach dem Essen. Wenn Sie sich beim Gehen unsicher fühlen, nehmen Sie einen Stock mit oder haken Sie sich bei Ihrem Partner unter. Regelmäßige Bewegung ist wichtig. Auch für das Gleichgewichtsorgan gilt: Wer rastet, der rostet.

Trainieren Sie Ihr Gleichgewichtsorgan mit Hilfe einfacher Übungen, von denen einige im Kapitel Therapie beschrieben sind. Das gehört zur Vorsorge und zur Behandlung. Trinken Sie außerdem viel Flüssigkeit, um die Fließeigenschaft des Blutes und damit die Durchblutung zu verbessern.

Häufige Fragen

Sind Schwindelattacken harmlos?

Das Symptom Schwindel signalisiert uns, dass der Körper irgendein Problem hat. Es sollte immer ernst genommen werden, da es beispielsweise auch der Vorbote eines Schlaganfalls sein könnte. Dem kann man vorbeugen mit durchblutungsfördernden Medikamenten wie zum Beispiel Acetylsalizylsäure. Schildern Sie Ihrem Arzt möglichst genau, wie und wann die Symptome sich äußern. Das gibt ihm den entscheidenden Hinweis, was nicht in Ordnung sein könnte.

Ich leide unter Reisekrankheit mit Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Medikamente will ich nicht nehmen, was kann ich sonst noch dagegen unternehmen?

Wer unter Reisekrankheit leidet, sollte während der Fahrt zum Fenster hinaus schauen, hin und wieder den Kopf schütteln oder aufspringen, wenn dies möglich ist. Damit verhindern Sie, daß Ihr Gleichgewichtsorgan zu träge wird. Das ist der eigentliche Grund für die Reisekrankheit und den Fahrtschwindel. Ein träges Gleichgewichtsorgan signalisiert dem Gehirn zum Beispiel bei gleichförmiger Bewegung eine Ruhestellung, während das visuelle System (die Augen) ihm etwas ganz anderes mitteilt, und das kann nicht gutgehen. Schlafen Sie sich außerdem am Vortag gut aus und verzichten Sie auf Zigaretten, Alkohol und Kaffee.

Bringt das nicht den gewünschten Erfolg, versuchen Sie Ingwer, der während der Fahrt mehrmals eingenommen wird (Zwei Kapseln eine halbe Stunde vor Reisebeginn einnehmen, dann alle vier Stunden zwei Kapseln). Sie können aber auch jede Stunde ein frisches Ingwerscheibchen kauen.

Mein Arzt hat bei mir einen gutartigen Lagerungsschwindel festgestellt. Gibt es auch dazu Übungen, die ich selbst machen kann?

Diese Art von Schwindel läßt nach, je häufiger man die auslösende Kopfbewegung durchführt. Wird Ihnen zum Beispiel immer schwindlig, wenn Sie den Kopf nach links bewegen, dann setzen Sie sich auf das Bett und lassen Sie sich plötzlich nach links fallen. Wiederholen Sie das mehrmals, warten Sie aber immer so lange, bis sich die Schwindelattacke gelegt hat. Nach einiger Zeit werden die Schwindelanfälle, die Sie dadurch auflösen, schwächer.