Nierenversagen: Ursache, Anzeichen, Diagnose & Therapie

Die Nieren dienen dem Menschen als Blutfilter. Etwa zwei Millionen winzige Funktionseinheiten (Nephrone) sind für die Reinigung des Blutes zuständig. Sie befreien das Blut von giftigen Substanzen, die der Körper wieder ausscheiden muss: Abbauprodukte des Zellstoffwechsels wie Harnstoff, Kreatinin und Harnsäure, Giftstoffe und Medikamente. Die auszuscheidenden Substanzen gelangen schließlich über den Harnleiter in die Blase, ehe sie den Körper verlassen. Diese Funktion ist bei einem akuten und chronischen Nierenversagen erheblich eingeschränkt. Die Stoffwechselprodukte werden nur noch unzureichend aus dem Blut gefiltert, sie reichern sich dort an.

Eine schlechte Blutversorgung der Nieren oder Verletzungen der Nieren können einen akuten Ausfall der Nieren bewirken. Der chronische Verlauf ist langsam und kann unterschiedliche Ursachen haben (Harnstau, Entzündung der Niere etc.). Während bei der akuten Form Medikamente einem Fortschreiten der Erkrankung entgegenwirken können, endet das chronische Nierenversagen zumeist mit der Dialyse. Hier wird dann mit technischer Hilfe das Blut von seinen Abbauprodukten gereinigt.

Neben der Funktion als Blutfilter produziert die Niere eine Reihe von wichtigen Hormonen: Das sogenannte Renin regelt den Blutdruck. Erythropoetin ist für die Bildung roter Blutkörperchen verantwortlich. Zudem spielt die Niere eine wichtige Rolle im Knochenstoffwechsel.

Ursachen & Risikofaktoren

Die Ursachen für Nierenversagen sind unterschiedlich. Zu einem akuten Nierenversagen kann es kommen, wenn:

  • die Nieren plötzlich nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden.
    Extreme Situationen führen im allgemeinen zu dieser Form des akuten Nierenversagens. So kann ein Schock einen Blutdruckabfall bewirken. Die Nieren werden als Folge unzureichend mit Blut versorgt. Hoher Blutverlust am Unfallort, Verletzungen der Nierenarterien sowie starker Wassermangel können der Auslöser dafür sein, dass die Niere unterversorgt ist, ihre Funktion stark eingeschränkt ist oder sogar zum Erliegen kommt. Dem Nierenversagen kann auch ein Herz- oder Leberversagen vorausgehen.
  • sich der Harn staut
    Zum Harnstau kann es kommen, wenn die Prostata des Mannes vergrößert ist oder aber ein Tumor auf den Harnleiter drückt.
  • die Niere durch eine allergische Reaktion, giftige Substanzen oder Wirkstoffe innerlich verletzt wurde.

Jahrelange Einnahme von Medikamenten wie Schmerzmitteln kann die Nieren stark belasten. Auch hier kann eine Entzündung der Niere chronisch werden. Das Erbgut ist beteiligt an der sogenannten Zystenniere. Viele kleine mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen schaffen sich in der Niere Raum und verdrängen gesundes Gewebe.

Die Folge: Die Niere wird mehr und mehr in ihrer Funktion eingeschränkt – schon die Mehrheit der Betroffenen, die das 40. Lebensjahr überschritten haben, leiden an einem chronischen Nierenversagen, die meisten Betroffenen kommen im Alter nicht mehr ohne die technische Unterstützung durch die Dialyse aus. Manchmal wird das chronische Nierenversagen von einer mehr oder weniger ernsthaften Grunderkrankung begleitet. Die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) beispielsweise, verschiedene Autoimmunkrankheiten können das Nierenversagen verursachen.

Anzeichen & Symptome

Das Nierenversagen kann unterschiedliche Krankheitszeichen auslösen. Sobald die Niere nicht mehr richtig arbeitet, besteht auch eine Gefahr für andere innere Organe – beispielsweise das Herz oder die Leber. Im Allgemeinen sind die folgenden Charakteristika zu beobachten:

  • Da das Blut nicht mehr oder nur eingeschränkt von seinen Abbauprodukten (Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure) gereinigt wird, ist der Körper permanent mit Giftstoffen belagert. Die Folge: Müdigkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen und Durchfall bis hin zu Bewusstseinstrübungen.
  • Auch Wasser und Salze werden eingeschränkt ausgeschieden. Es wird weniger Urin ausgeschieden als gewöhnlich. Dieses Wasser sammelt sich im Gewebe an, im Gesicht, den Beinen oder der Lunge. Die Folge: Hoher Blutdruck und eine größere Belastung für das Herz.
  • Ebenso gerät der Mineralstoffwechsel aus dem Gleichgewicht. Herzrhythmusstörungen aufgrund der verminderten Ausscheidung von Kalium sowie Knochenschädigungen wegen Störungen im Kalzium-Phosphat-Haushalt sind die Folge.
  • Das Hormon Erythropoetin, das die Blutzellenproduktion anregt, wird in zu geringem Maße gebildet. Die Folge ist Blutarmut (Anämie). Inzwischen kann das Hormon gentechnologisch hergestellt werden – in Form von EPO, dem Wirkstoff, den schon einige Sportler zur illegalen Unterstützung ihrer Leistungsfähigkeit missbraucht haben.
  • Das Enzym Renin ist aktiver als normal. Steigt der Blutdruck, scheiden die Nieren Salz und Wasser aus – ist der Blutdruck zu gering, produziert die Niere vermehrt Renin. Salz und Wasser werden allerdings in zu kleinem Maße ausgeschieden, dadurch kann das Renin seine Wirkung noch stärker entfalten.
    Die Folge ist Bluthochdruck.
  • Medikamente verlassen den Körper nicht mehr vollständig und können sich zu einer giftigen Konzentration anhäufen.

Auswirkungen

Die Leistungsfähigkeit der Niere kann ohne eine frühzeitig begonnene Behandlung nach und nach immer mehr eingeschränkt werden. Zunächst treten keine Symptome auf. Lediglich der Blutdruck kann leicht erhöht sein. Die Ausscheidung des Harnstoffs und des Kreatinins sind noch normal. In diesem 1. Stadium ist lediglich die sogenannte Kreatinin-Clearance, das genaue Maß für die Ausscheidungsfunktion der Niere, leicht verringert. Im 2. Stadium – hier sinkt die Kreatinin-Clearance unter 50 Prozent des Normalwerts – treten körperliche Krankheitszeichen auf: Ruhelosigkeit und erhöhter Blutdruck. Im 3. Stadium ist die Nierenfunktion stärker reduziert.

Juckreiz, Schlaflosigkeit, Flüssigkeitsansammlungen in Geweben wie der Lunge oder den Beinen (Lungen- bzw. Beinödem) sowie Atemnot zwingen Patienten zumeist zu einem Einschnitt: Die Dialyse wird eingeleitet – dabei wird das Blut aus dem Körper hinaus in den sogenannten Dialysator geleitet. Dessen feine Kapillaren saugen die Gifte und Stoffwechselabbauprodukte auf künstliche Weise aus dem Blut. Als Stadium 4 bezeichnet man das End- oder Terminalstadium. Dann ist der Körper bereits mit Harn vergiftet.
Die einzige Möglichkeit der Behandlung ist die sofortige Dialyse bzw. eine Nierentransplantation.

Erkennung & Untersuchungen

Nimmt die Harnmenge ab, steigen Kreatinin- und Harnstoffspiegel im Blut an. Sind dann die Nieren auch noch sehr druckempfindlich, deutet das auf eine akute Nierenerkrankung hin. Wichtige Hinweise auf ein akutes Nierenversagen bekommt der behandelnde Arzt aus dem Labor. Besonders die Blut- und Urinanalysen sind auffällig. Im Blut sammeln sich die Abbauprodukte Harnstoff und Kreatinin an, Säure- und Kaliumgehalt sind erhöht, es herrscht Natriummangel. Der Urin ist mit roten, evtl. auch weißen Blutkörperchen sowie Eiweißen angereichert. Ist eine verminderte Blutversorgung die Ursache für ein akutes Nierenversagen, ist die Vorgehensweise anders.

Mit einem Stethoskop kann der Arzt die Niere abhorchen. Ist die Hauptschlagader der Niere verengt, hört er ein Rauschen. Die Diagnose kann per Ultraschall oder durch eine Röntgenaufnahme der Venen und Arterien der Niere (Angiographie) bestätigt werden. Beim chronischen Nierenversagen nimmt die Harnmenge zunächst nicht ab. So bestätigen ausschliesslich Blut- sowie Harnuntersuchungen die Diagnose. Im Blut finden sich – wie auch bei der akuten Form – vermehrt Abbauprodukte der Zellen (Kreatinin und Harnstoff), der Säuregehalt des Blutes ist erhöht. Folgende Auffälligkeit kommen hinzu: Mineralstoffe – Kalziumkonzentration ist verringert, die des Phosphats erhöht, Kaliumkonzentration ist normal oder leicht erhöht. Das Parathormon wird vermehrt ausgeschüttet.

Der Grund:
Der Kalziumgehalt im Blut ist verringert, das Parathormon steuert dagegen. Es aktiviert Vitamin D, das regt den Magen-Darm-Trakt an, mehr Kalzium aufzunehmen. Ausserdem geben dann die Knochen Kalzium ans Blut ab. Der Gehalt an Vitamin D im Blut ist bei Patienten mit chronischem Nierenversagen allerdings niedriger als gewöhnlich. Der Patient hat zu wenig rote Blutkörperchen, er leidet an Blutarmut.

Therapie

Beim akuten Nierenversagen liegt das Ziel einer Behandlung darin, die Nieren in ihrer ursprünglichen Funktion zu unterstützen – die Kraft zur Selbstheilung zu aktivieren. Der Patient trinkt nur die Flüssigkeitsmenge, die der Körper verliert. Um den Eiweißspiegel aufrechtzuerhalten, bekommt der Patient den Zucker Glucose sowie konzentrierte Kohlenhydrate. Aminosäurelösungen werden in die Venen gespritzt: Denn Aminosäuren sind die Bausteine von Eiweißen. Sie dienen also als Aufbaupräparat. Medikamente sind in diesem Ausnahmezustand Gift für die Nieren.

Nur aluminiumhaltige Säurepuffer, sogenannte Antacida, die im Darm Phospor bilden und damit dem Anstieg der Phosphorkonzentration im Blut entgegenwirken, sind sinnvoll. Allerdings greift diese Behandlung nur dann, wenn die Nieren noch nicht weitreichend geschädigt sind oder aber andere Organe – wie das Herz oder die Leber – noch leistungsfähig sind. In diesem Fall ist die technische Unterstützung durch eine Dialyse die Behandlung der Wahl – eine künstliche Niere außerhalb des Körpers.

Das chronische Nierenversagen schreitet meist über Jahre fort. Zwar sollten Patienten darauf achten, ihre Nieren in der noch verbliebenen Funktionsfähigkeit weitgehend zu unterstützen – durch geeignete Ernährung, bilanzierte Flüssigkeit und Medikamente – doch endet die Krankheit meist mit einer Dialyse oder aber einer Nierentransplantation.

Folgende Wirkstoff- bzw. Ernährungstipps sollten Patienten befolgen:

  • eine geeignete Diät, um den Säuregehalt im Blut und die Kalium- und Phospatkonzentration zu senken
  • eine eiweißarme Ernährung, um das Fortschreiten die Erkrankung zu verlangsamen. Die neben dem Cholesterin wichtigsten Fette im Blut, die Triglyceride, treten in hoher Konzentration auf und erhöhen damit – nach der gängigen Lehrmeinung – die Gefahr, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu bekommen. Durch geeignete Medikamente sollte deren Konzentration gesenkt werden (beispielsweise durch sog. Lipidsenker wie Gemfibrozil). Die Trinkmenge wird bei der akuten Niereninsuffizienz begrenzt, um Natriumreserven zu erhalten. Dennoch: Natrium und Wasser werden übermäßig im Körper zurückgehalten. Das Herz wird dadurch belastet, eine Herzschwäche droht. Gegenmaßnahme: Mittel, welche die Natriumzufuhr verringern – wie Diuretika. Entsprechend der Flüssigkeitsausscheidung muss auf eine ausgeglichene Zufuhr geachtet werden. Kalium und Phosphate sollten Patienten in möglichst geringen Mengen zu sich nehmen. Um Phosphate besser zu binden, können Wirkstoffe wie Kalziumkarbonat, -azetat oder Aluminiumhydroxyd hilfreich sein. Blutarmut kann mit gentechnisch hergestelltem Erythropoetin behandelt werden. Es regt die Bildung von roten Blutkörperchen im Blut an.

In Extremfällen sind Bluttransfusionen nötig. Diese Verhaltensregeln helfen nicht mehr, wenn die Funktionsfähigkeit der Niere, die sogenannte Kreatinin-Clearance, auf unter 20 Prozent absinkt.

Dann wird in der Regel die Dialyse von den Ärzten befürwortet. Zu groß ist das Risiko für benachbarte Organe wie Herz und Leber, aber auch für den gesamten Körper.

Herzschwäche, Herzbeutelentzündung, Störung der Hirnfunktion und Leberversagen sind nur einige der Risiken, die der Patient mit der Filterung seines Blutes mit Hilfe der Dialyse stark verringert. Zwei Dialyseprinzipien können angewandt werden – die Hämodialyse oder aber die Peritonealdialyse. Bei der Hämodialyse wird das Blut durch den Dialysator außerhalb des Körpers geleitet, Giftstoffe und Abbauprodukte durchdringen eine künstliche Membran und bleiben im Dialysat zurück.

Gereinigtes Blut wird wieder zurück in den Körper geleitet. Bei der Peritonealdialyse wird das Bauchfell als Membran genutzt. Ein Anteil der Reinigungsflüssigkeit, das Dialysat, wird in die Bauchhöhle gepumpt. Die Giftstoffe wandern von dem Ort der höheren Konzentration, also dem Blut, durch die Poren und Kanäle des Bauchfells hindurch in das Dialysat. Diese Form der Dialyse kann der Patient sogar zu Hause selbst machen.

Die letzte Alternative für Betroffene ist die Nierentransplantation. Fast 40 Jahre nach der ersten Nierentransplantation in Deutschland ist die Erfolgsquote recht gut: Fünf Jahre nach der Transplantation funktionieren noch etwa 70 Prozent der neuen Spendernieren.

Vorsorge

Prinzipiell sollte die Niere nicht mit Aufgaben überfrachtet werden.
Je mehr Gifte sie zu bewältigen hat, desto größer ist die Arbeit für die Nieren.

Häufige Fragen

Bei mir wurde ein chronisches Nierenversagen diagnostiziert. Muss ich auf Sport nun ganz verzichten?

Auf keinen Fall. Sie sollten sich einer sporttherapeutischen Gruppe anschließen. Hier werden die Übungen speziell auf Sie abgestimmt. In Untersuchungen wurde bestätigt, dass Sporttherapie Blutfett im Körper senkt, den Blutdruck senken und eine verbesserte Lebensqualität bewirkt.

Gibt es ein paar gute Ernährungstipps, nach denen ich mich orientieren kann?

Grundsätzlich gilt: Nehmen Sie nur 500 bis 800 Milliliter mehr Flüssigkeit am Tag zu sich als Sie ausscheiden. Ansonsten: Meiden Sie trockene oder getrocknete Früchte (wie Nüsse, Trockenobst etc.), wässern Sie ihre Kartoffeln vor dem Essen, bevorzugen Sie Dosengemüse, da ist erheblich weniger Kalium drin. Allerdings sollte eine Diät für Sie individuell vom Fachmann angesetzt werden.

Wieviel Zeit muss ich mir für eine Dialyse nehmen?

Das hängt von der Schwere der Nierenschädigung ab. In der Regel kommen Betroffene dreimal in der Woche für einige Stunden zur ambulanten Hämodialyse. Das Blut wird aus dem Körper in einen Dialysator geleitet. Durch eine künstliche Membran hindurch werden die Giftstoffe quasi abgelöst und gereinigtes Blut an den Körper zurückgegeben. Immer häufiger wird in den letzten Jahren allerdings die Peritonealdialyse angewandt. Hier dient das Bauchfell als Filter. Der Vorteil: Der Betroffene kann die Dialyse zu Hause oder sogar während seines Urlaubs alleine machen.

Wichtige Adressen

Dialysepatienten Deutschlands e.V.
Weberstraße 2
55130 Mainz
Tel: 06131-85152,
Fax: 06131-835198
E-mail: dd@mrb.de

Deutsche Dialysegesellschaft niedergelassener Ärzte e.V.
Postfach 132304, 42050 Wuppertal
Tel: 0202-445655
Fax: 0202-450508

Dialysepatienten Deutschlands e.V.
www.dialyse-online.de/DD/