Fettsucht: Definition, Ursachen, Symptome, Test, Therapie & behandeln

Adipositas

Während ein leichtes Übergewicht noch als kosmetische Frage betrachtet werdet kann, ist die Fettsucht (Adipositas) eine ernste medizinische Problematik. Neben unmittelbaren gesundheitlichen Nachteilen einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit gilt ein starkes Übergewicht als ernster .

Risikofaktor für das Auftreten von Zuckerkrankheit, Bluthochdruck und Gefäßverkalkung (Arteriosklerose). Letztere mit den Folgen Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Lebenserwartung ist deutlich geringer als bei Normalgewichtigen.

Übergewichtige Menschen sind in den Industrienationen alles andere als selten. Vergleichbar mit dem übrigen Europa wird der Anteil stark Übergewichtiger an der Bevölkerung in Deutschland auf bis zu 20% geschätzt – mit steigender Tendenz. Ältere Menschen sind noch weitaus häufiger betroffen, mehr als die Hälfte aller Einwohner jenseits der 50 ist deutlich übergewichtig,

Auch Kinder überschreiten aufgrund des extrem zunehmenden Bewegungsmangels („Couch-potato“) immer häufiger die Grenzen des Normalgewichts. Bereits jedes 5. Kind ist in Deutschland übergewichtig. Ohne rechtzeitiges Eingreifen bleiben die Kindermeist auch als Jugendliche und Erwachsene dick

Ursachen & Risikofaktoren

Fettleibigkeit ist in den allermeisten Fällen – trocken ausgedrückt – eine Verhaltensstörung im Bereich der Nahrungsaufnahme. Übermäßige Kalorienzufuhr und unzureichende Bewegung führen dazu, dass die nicht verbrauchte Energie in Form von Fett gespeichert wird. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, Ältere häufiger als Jüngere.

Sychische Ursachen

Vielfach hat die Fettleibigkeit seelische Ursachen. Die psychisch bedingte Adipositas kann durch Verlusterlebnisse wie die Trennung vom Elternhaus oder den Tod eines Elternteils ausgelöst werden. Auch andauernde Belastungssituationen wie eine unglückliche Partnerschaft, Misserfolge im Beruf, etc. führen bei entsprechender Prägung dazu, dass sich der Betreffende selbst „verwöhnt“. Übermäßiges Essen dient dabei sowohl zur Abwehr von Unlustempfindungen als auch zur Verdrängung von Ängsten, Depressionen, usw. Viele Übergewichtige haben in der Tat eine depressive Persönlichkeitsstruktur. Essen kann aber auch als Ausdruck ungelebter Aggressionen gegen andere (Verschlingung) und als unbewusste Selbstschädigung betrachtet werden. Bei Frauen kann die Adipositas zusätzlich der Abwehr der weiblichen Geschlechterrolle dienen. Bei der Adipositas streiten sich die Gelehrten allerdings noch darüber, ob sie wie die Magersucht (Anorexia nervosa) und die Ess-Brech-Sucht (Bulimie) die Kriterien einer psychosomatischen Krankheit erfüllt.

Körperliche Ursachen

Bei weniger als 1 von 100 stark Übergewichtigen ist eine körperliche Erkrankung die Ursache für die Fettleibigkeit. Hierzu zählen sehr seltene Tumore des Hypothalamus, der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und der Nebenniere, sowie die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).

Medikamente

Auch Medikamente können eine Fettleibigkeit auslösen. Am bekanntesten ist die Gewichtszunahme durch die Langzeitbehandlung mit dem entzündungshemmenden Medikament Kortison, welches das sogenannte Cushing-Syndrom mit den typischen Symptomen Stammfettsucht und „Vollmondgesicht“ auslösen kann.
Die Nebenwirkung „Gewichtszunahme“ haben auch viele andere Medikamente (Insulin, Neuroleptika, u.v.a.). Doch meist hält sich der Anstieg des Körpergewichts mit wenigen Kilogramm in Grenzen und führt nicht zur ausgeprägten Fettsucht.

Erlernte Fehlernährung

Verhaltensweisen rund um die Nahrungsaufnahme – beispielsweise der Stellenwert des Essens in der Familie, der Speiseplan und die Häufigkeit von Zwischenmahlzeiten, Belohnungsrituale (Zuckerle), etc. – werden von den Eltern erlernt und an die Kinder weitergegeben (tradiert). Dementsprechend wird eine familiäre Häufung Übergewichtiger beobachtet. Sie geht vermutlich aber zusätzlich auf gewisse genetische Veranlagungen zurück, wie Familien- und Zwillingsforschung zeigen. Für eine Rolle der Gene spricht auch die bei einigen Völkern, beispielsweise bei den Südseeinsulanern verbreitete massive Übergewichtigkeit.

Krankheitsbild & Symptome

Bei stark übergewichtigen Menschen ist die körperliche Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt. Schon bei geringen Anstrengungen kommt es zu einer Überforderung des Herz-Kreislauf-Systems, die sich in Atemnot (Dyspnoe), beschleunigtem Puls, Schwitzen und leichter Erschöpfbarkeit äußert. In extremen Fällen wird eine völlige Inaktivität oder sogar Bewegungsunfähigkeit (Immobilität) beobachtet. Die unangemessene Nahrungszufuhr stört die Verarbeitung der Nahrungsbestandteile im Körper im Zucker- und Fettstoffwechsel. Dies kann zu den Vorstufen der Zuckerkrankheit, der Insulinunempfindlichkeit (Insulinresistenz) und dem metabolischen Syndrom führen.

Das Heisshunger-Essen („Binge-eating“) ist eine Sonderform der psychisch bedingten Essstörungen, die häufig zum Übergewicht führt, Die Betroffenen – meist Frauen – leiden wie Patienten mit Ess-Brecht-Sucht (Bulimie) unter unbeherrschbaren Essattacken, gleichen die Kalorienaufnahme aber nicht wie Bulimiker/-innen durch Erbrechen, körperliches Training, Fastenkuren, etc. aus.

Die Fettsucht ist besonders wegen der Begleiterscheinungen und Folgekrankheiten höchst gefährlich, Hinsichtlich des weiteren Gesundheitsrisikos unterscheiden Ärzte auch nach dem körperlichen Verteilungsmuster des Körperfetts Info. Nach dem Typ der Fettverteilung wird eine gefährlichere bauchbetonte und eine harmlosere hüftbetonte Form unterschieden.

INFO Verteilungsmuster des Körperfetts
Die Adipositas wird nach dem Muster der Körperfettverteilung in eine bauchbetonte oder männliche Form („Apfel“) und eine hauptsächlich Gesäß, Hüfte und Oberschenkel betreffende „weibliche“ Form („Birne“) eingeteilt. Die Apfelform birgt sehr viel stärkere Risiken für die Vielzahl der beschriebenen Folgeschäden.

Zwischen Apfel- und Birnenform kann leicht unterschieden werden, indem man den Taillenumfang durch den Hüftumfang teilt (englisch: waist-to-hip ratio = WHR). Kommt bei Männern ein Wert größer als 1,0, bei Frauen größer als 0,85 heraus, handelt es sich um die gefährlichere Apfelform.

Noch einfacher ist diese Faustregel zum Taillenumfang: Ab 100 cm bei Männern und ab 90 cm bei Frauen wird’s kritisch. Bei diesen Werten steigt z.B. das Diabetes-Risiko stark an.

Auswirkungen & Folgen

Extremes Übergewicht hat negative Folgen für fast alle Organsysteme: Sehnen, Gelenke, Muskeln, der gesamte Stütz- und Bewegungsapparat wird überbeansprucht und es kommt zu Rückenschmerzen, Lendenwirbelsäulensyndrom (LWS-Syndrom) und anderen orthopädischen Erkrankungen. Häufig finden sich Schädigungszeichen am Gelenkknorpel der Knie- und Hüftgelenke (Gon- und Coxarthrose) sowie Senk- und Spreizfüße, die auf der mechanischen Überbelastung beruhen. Übergewichtige leiden häufig unter Krampfadern (Varizen, Varikose) und verschließenden Venenentzündungen (Thrombophlebitis).

Zwischen den Hautfalten der stark Übergewichtigen bilden sich leicht Entzündungen (nässende Ekzeme). Patienten mit starkem Übergewicht schnarchen oft und leiden häufiger an einer schlafbezogenen Atemstörung, dem Schlaf-Apnoe-Syndrom. Ferner ist das Risiko für Gallensteine (Cholelithiasis) und für Harnsäureanstiege im Blut (Hyperurikämie) mit Gicht erhöht. Menstruationsstörungen treten in ca. 40% der Fälle auf. Die Liste der negativen Gesundheitsfolgen lässt sich noch lange fortsetzen. Erwähnt seien noch ein erhöhtes Risiko für bösartige Neubildungen an der Gallenblase, der Bauchspeicheldrüse und der weiblichen Brust. Ferner besteht eine erhöhte Unfallgefahr.

Am gefährlichsten: Übergewicht gilt als wichtiger Risikofaktor für die Entstehung der Zuckerkrankheit (Typ-2-Diabetes) und des Bluthochdrucks (Hypertonie). Aufgrund von Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) kommt es vermehrt zu koronaren Herzkrankheit (KHK), mit den Folgen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Durch diese Komplikationen ist die Lebenserwartung gegenüber Normalgewichtigen reduziert. Nach dem Typ der Fettverteilung wird eine gefährlichere bauchbetonte und eine harmlosere hüftbetonte Form unterschieden.

Neben den gesundheitlichen Folgen der Fettleibigkeit müssen die Betroffenen auch mit der sozialen Ablehnung einer Gesellschaft „im Schlankheitswahn“ leben. Viele quälen sich immer wieder mit Diäten und Fastenkuren, meist ohne anhaltenden Erfolg. Trotz scheinbarer Gleichgültigkeit gegenüber der Problematik, schämen sich viele stark Übergewichtige ihrer Leibesfülle. Partnerschaftskonflikte sind nicht selten, einige Betroffene geraten in eine regelrechte soziale Isolation.

Erkennung & Diagnose

Als ärztliches Maß der Übergewichtigkeit dient der sogenannte Body Mass Index (BMI) Info, der das Verhältnis zwischen Gewicht (in kg) und Körperoberfläche (in m²) wiedergibt. Ab einem BMI von 25 gilt ein Mensch als übergewichtig, ab einem Wert von 30 als adipös und damit als behandlungsbedürftig. Bei einem BMI zwischen 25 und 30 sollte ebenfalls eine Behandlung begonnen werden, wenn bereits Begleiterkrankungen bestehen. Nach der umstrittenen, aber immer noch gebräuchlichen Broca-Formel (Normalgewicht = Körpergröße (in cm) minus 100) besteht eine Fettsucht, wenn das Normalgewicht um 20% überschritten wird.

Wird ein starkes Übergewicht oder eine Fettsucht festgestellt, erfolgt die Suche nach jenen körperlichen Erkrankungen, die in seltenen Fällen die Gewichtszunahme auslösen können (siehe Ursachen/Risikofaktoren). Finden sich hier keine Ursachen, sollte der Patient auf psychische Auslöser der Überernährung, wie zurückliegende oder aktuelle Trauer- oder Belastungssituationen untersucht werden.

Therapie & Behandlung

Wichtig für die Behandlungsbedürftigkeit ist die Unterscheidung zwischen Übergewicht und Adipositas:

Ab einem Body Mass Index Info von 30, bei Begleiterkrankungen aber auch schon ab 25, ist die Behandlung notwendig. Dies gilt besonders für die bauchbetonte Form der Adipositas.

Ob Übergewicht oder Adipositas: Ernährungsumstellung ist das A&O jeder Gewichtsreduktion. Dabei geht es einerseits um die Nahrungsmenge, also das Zählen der Kalorien. Bei jeder Diät gilt das gnadenlose Gesetz, dass zum Abnehmen mehr Energie verbraucht als aufgenommen werden muss. Aber auch die Nahrungszusammensetzung soll verbessert werden. Übergewichtige nehmen meist zuviel Fett zu sich. Dazu zählen neben fettem Fleisch, Butterflöckchen und Sahnehäubchen auch die versteckten Fette in geschmackvollen Soßen, in Wurst und Käse, Chips und Crackern und anderen „Leckereien“. Kohlenhydrathaltige Speisen wie Brot, Kartoffeln, Reis, etc. stellen ebenso wie eiweißreiche Nahrung weniger ein Problem dar. Übergewichtige sollten Alkohol meiden: Neben einem hohen Kaloriengehalt wirkt sich seine Anwesenheit im Körper negativ auf die Fettverbrennung aus.

Als Binsenwahrheit gilt der Ratschlag, sich regelmäßig körperlich zu betätigen. Aktivitäten wie Schwimmen, Radfahren, Skilanglauf, Tanzen und viele andere, besonders ausdauerfördernde Sportarten sind geeignet. Doch Motivation und Selbstdisziplin sind meist nicht die Stärken der Übergewichtigen. Hier kann die Teilnahme an Gruppenveranstaltungen die eine oder andere Motivationskrise überwinden helfen. Eine Gewichtsabnahme sollte bei starkem Übergewicht durch langfristig begleitende Betreuungsprogramme, wie sie bereits einige Ärzte anbieten, und/oder die Teilnahme an Selbsthilfegruppen begleitet werden.

Zur medikamentösen Unterstützung der Gewichtsabnahme gibt es verschreibungspflichtige Arzneien: Das Mittel Sibutramin z.B. unterdrückt das Hungergefühl im Gehirn, das Medikament Orlistat hemmt die Fettaufnahme aus dem Darm. Aber Achtung: Obwohl für bestimmte Personen vorteilhaft einsetzbar, können diese Arzneimittel, die nicht ohne Nebenwirkungen sind, die Disziplin beim Essen und regelmäßige körperliche Bewegung nicht ersetzen. Für die dauerhafte (!) Abnahme sind Ausdauer und Geduld die wichtigsten Faktoren.

Bei dem Verdacht auf eine psychisch verursachte Fettsucht sollte eine psychotherapeutische Einzel- oder Gruppenbehandlung in Erwägung gezogen werden. Hier haben sich Verhaltenstherapien, aber auch tiefenpsychologische Therapien bewährt. Bei Gewichtsreduktion kann es zum Auftauchen bisher unbewusster Ängste und depressiver Stimmungen kommen. Das Abnehmen wird dabei oft als Bedrohung der körperlichen und seelischen Einheit erlebt.

In Fällen von extrem übergewichtigen Menschen wird gelegentlich eine operative Magenverkleinerung durchgeführt. Ein modernes und schonenderes Verfahren ist die Anlage eines sogenannten Magenbandes. An operativen Maßnahmen wird ferner eine Absaugung von Fettgewebe (Fettabsaugung) angewendet. Diese Methode – oft bei der hüftbetonten Adipositas angewendet – liegt allerdings im Bereich der Schönheitschirurgie und kann keinesfalls ein medizinisch notwendiges Abnehmen ersetzen.

Bei allen gewichtsenkenden Maßnahmen gilt: Realistisch bleiben! 5 bis 10 kg weniger sind ein gutes Ergebnis für einen Einjahreszeitraum. Zeitungsannoncen über den „leichten Weg zur Traumfigur“ oder angepriesene Diäten, bei denen Sie abnehmen können, ohne sich beim Essen einschränken zu müssen, sind unseriös, teilweise sogar gefährlich. Es gibt keine Wundermittel!

Auch wenn die Lage bei starkem Übergewicht aussichtslos erscheint: Schon wenige Kilogramm bringen eine deutliche Senkung des Gesundheitsrisikos, z.B. für die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).

Wichtige Hinweise

Viele Diätformen bergen ernste Gesundheitsrisiken bis hin zu tödlichen Komplikationen. Jede Diät, die stark in die üblichen Ernährungsgewohnheiten eingreift, sollte daher mit einem Arzt besprochen werden.

Übergewichtige sollten nicht versuchen, während Schwangerschaft und Stillzeit abzunehmen.

Vorsorge

Rechtzeitige Umstellung der Ernährungsgewohnheiten, regelmäßige Bewegung und eventuell eine ärztliche und psychologische Beratung verhindern, dass das anfänglich leichte Übergewicht sich zu einer Adipositas entwickelt.

Häufige Fragen

Im Volksmund heißt es, ein Vielfraß wird nicht geboren, sondern erzogen. Ist dieser Satz richtig?

In der Tat geht der enge Zusammenhang zwischen psychischer Ausgeglichenheit und Ernährung auf die erste Lebenszeit zurück. Dort werden Spannung, Unzufriedenheit und Unlust zunächst durch Nahrungsangebote ausgeglichen. Das Kind wird gestillt. Die kindlichen Signale sind jedoch vieldeutig, und es hängt weitgehend von der Mutter oder Bezugsperson ab, die Bedürfnisse des Kindes differenziert zu erkennen und zu beantworten oder nur auf die Nahrungszufuhr einzuschränken. Mit diesen ersten Erfahrungen bezüglich Ernährung und sozialer Interaktion werden beim Kind Engramme für späteres Verhalten gesetzt, die im Extremfall auf den einfachen Nenner “ Essen überwindet Probleme“ gebracht werden können.

Wichtige Adressen

Deutsche Adipositas Gesellschaft
Auf´m Hennekamp 65
40225 Düsseldorf
Tel.: 0211/3382-315
Fax: 0211/3382-603

Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V.
Postfach 10 19 20
86009 Augsburg
Tel.: 0821/400-2371
Fax: 0821/400-3183

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