Attraktivität bei Frau und Mann: Wer passt zu wem? Psychologie & Wandel Schönheitsideale

Für viele Menschen ist das die wichtigste Frage überhaupt. Doch leider scheiden sich bei der Beantwortung dieser Frage die Geister. Und nicht selten gibt es ein unangenehmes Erwachen, wenn man nach einiger Zeit feststellt, daß der/die Auserwählte doch nicht so „attraktiv“ war wie man anfangs gedacht hatte. Doch wen findet man schön und attraktiv? – Gibt es dafür Regeln? – Hat jeder sein eigenes Schönheitsideal? – Und schließlich, wie finde ich den Menschen, der zu mir paßt? Auf den folgenden Seiten werden viele dieser Fragen beantwortet und Sie werden einige Überraschungen erleben.

Was ist ein attraktives Gesicht?

Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass Attraktivität ein Begriff ist, der kulturell und historisch variiert und sich ändert. Bei näherer Betrachtung ist diese Aussage aber so nicht haltbar. Aus vielen Forschungsarbeiten ist bekannt, dass die Attraktivität eines Gesichtes zumindest innerhalb von einzelnen Bevölkerungsgruppen sehr streng definiert und von allen Mitgliedern gleich beurteilt wird. Auf den nächsten Seiten finden Sie hierzu den „Gesichter-Test“ (mit freundlicher Unterstützung des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Stadtethologie in Wien), bei welchem Sie das für Sie attraktivste Gesicht auswählen müssen und dann gespannt sein dürfen, was Ihre Wahl über Sie verrät …

Unterschiedliche Kriterien für Männer und Frauen

Führt man den Gedanken der Partnerwahlkriterien weiter, dann müssten sexuell attraktive Frauen durchschnittlich ausschauen und einen hohen Grad an sogenannter bilateraler Symmetrie aufweisen (auf das Gesicht z.B. bezogen heißt das, daß beide Gesichtshälften sehr ähnlich aussehen – wie gespiegelt). Nach neueren Erkenntnissen sind diese Kriterien ein äußeres biologisches Zeichen für Mischerbigkeit und damit für hohe genetische Variabilität.

Wenn Frauen tatsächlich Männer mit einer Tendenz zur sozialen Dominanz bevorzugen, dann müssen Männer Extremmerkmale (das heisst Abweich- ungen vom Durchschnitt) aufweisen. Die Gesichtsproportionen können ein solches Merkmal sein: z.B. werden große Untergesichter als eine Tendenz zur sozialen Dominanz interpretiert.

Schönheit im Wandel der Zeit

Schon Charles Darwin war von den kulturellen Unterschieden in den Präferenzen der einzelnen Kulturen in der Partnerwahl beeindruckt. So unterschiedliche Dinge wie Hautfarbe, Körperbehaarung, Lippenornamentierung oder das Abfeilen der Schneidezähne kommen vor und werden als schön empfunden: „It is certainly not true that there is in the mind of man any universal standard of beauty with respect to the human body.“ Schönheitsideale sind aber nicht nur von kulturellen Einflüssen abhängig, sie können sich auch im Laufe der Zeit ändern. Die drei Bilder auf der nächsten Seite zeigen dies sehr eindrucksvoll !!

Die Abbildungen zeigen vom Computer erstellte Durchschnittsgesichter aus Hollywoods Schauspielerinnen – Schönheit kann durchaus eine Zeitphänomen sein. Links die zwanziger Jahre (Billie Dove, Clara Kimball-Young, Ethel Clayton, Fay Wray, Lila Lee, Mae Murray, Mary Philbin und Theda Bara), in der Mitte die fünfziger (Ava Gardner, Grace Kelly, Heddy Lamarr, Joan Fontaine, Maureen OHara, Patricia Neal, Rita Hayworth und Simone Signoret ) und rechts die achtziger Jahre ( Brigitte Fossey, Fanny Ardent, Helen Mirren, Jamie Lee-Curtis, Judy Davis, Kim Basinger, Merryl Streep und Sigourney Weaver). Mit Sicherheit hat sich auch die Schminktechnik verändert , die Betonung der Lippen und Augen nimmt ab. Heute scheinen mehr „natürliche“ Gesichter und keine Kunstgeschöpfe von den Filmgängern bevorzugt zu werden.

Insgesamt haben sich auch die Gesichtsformen und die dargestellten Persönlichekeiten verändert. In den zwanziger Jahren scheint ein „kindlicherer“ Typ bevorzugt worden zu sein – in den ersten Filmen spielten Frauen die Rolle der jugendlichen Naiven. In den vierziger Jahren kommt ein neuer Typ auf: die feminine, männerkontrollierende Superfrau. In den siebziger Jahren und mit wachsender Emanzipation wird dann die Frau im Film vermännlicht und dominant gemacht.

In der Tat sind Schönheitsideale sehr variabel und ändern sich über die Zeiten

Schönheit ist Durchschnitt
(wie entstehen Durchschnittsgesichter?)

Die Idee durch das Übereinanderlegen von Gesichtern ein Schönheitsideal zu ermitteln ist nicht neu. Bereits 1878 hatte Sir Francis Galton die Hypothese aufgestellt, daß Durchschnittsbilder von Frauen attraktiver wären als das Einzelbild.
Das Verfahren war so einfach wie intelligent: auf fototechnischem Wege wurden die individuellen Bilder verschiedener Personen aufeinander kopiert. Von solchen Bildern wird angenommen, dass sie den Durchschnitt aller aufeinander kopierter Personen repräsentieren.

Ein Schwarzweiss-Bild besteht aus einzelnen Bildpunkten unterschiedlicher Schwärzung. Wenn man die Gesichter normiert, das heisst den Abstand zwischen Augenachsen und Mundspalte auf die gleiche Länge bringt, dann kann man sie aufeinanderlegen.Für jeden Bildpunkt mit den gleichen xy-Koordinaten lässt sich dann der Mittelwert der Schwärzung aus den beiden Bildpunkten der Ursprungspunkte berechnen. Inwieweit die so entstehendenDurchschnittsbilder echte Durchschnitte entstehen lassen ist jedoch umstritten. Moderne Computerprogramme können aber bereits auch die Koordinaten eines Gesichtes als Mittelwert verrechnen. Die so entstehenden Durchschnittsbilder unterscheiden sich kaum von den einfach aufeinandergelegten.

Alle Schwarzen (Chinesen, Eskimos etc.) schauen gleich aus ?

Interessant ist es, daß scheinbar auch unser Gehirn „Durchschnittsgesichter“ speichert. Wer schon einmal in fernen Ländern war, kennt das Phänomen. In den ersten Tagen hat man das Gefühl, das alle Menschen (z.B. Schwarzafrikaner) gleich oder sehr ähnlich aussehen. Erst nach einer gewissen Zeit erkennen wir die individuellen Unterschiede, so wie wir die Menschen in einer Fußgängerzone zuhause individuell wahrnehmen. Das Gehirn speichert offenbar ein Durchschnittsgesicht – individuelle Gesichter werden als Abweichung von diesem Durchschnitt wahrgenommen. Im Ausland benötigt das Gehirn einige Tage, um das „Neue Durchschnittsgesicht“ der fremden Kultur zu speichern.

Schön ist, wer etwas besonderes hat, aber…

In Experimenten zeigt es sich, daß die Galton-Hypothese tatsächlich zutrifft. Das Durchschnittsbild wird als attraktiver als die Einzelbilder beurteilt. Kant hatte diesen Zusammenhang bereits sehr früh ausgesprochen.

Er schreibt zum Schönheitsideal: „Das Mittelmaß scheint das Grundmaß und die Basis der Schönheit, aber noch lange nicht die Schönheit selbst zu sein, weil zu dieser etwas Charakteristischeserfordert wird.“ Karl Grammer und Randy Thornhill zeigten, dassdieses „charakteristische“ Merkmal durchaus vorhanden sein kann (z.B. ein Mund, der etwas breiter ist als beim Durchschnitt), es muss aber symmetrisch sein.

Studien zeigen, daß Symmetrie bei beiden Geschlechtern eine große Rolle spielt. Personen wurden immer dann als attraktiv und sexy bewertet, wenn das Gesicht sehr symmetrisch war. Hingegen gibt es bei den Gesichtsmaßen einen deutlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Vergleicht man die Maße eines

Gesichtes mit den Bewertungen, dann findet man keinen Zusammenhang zwischen Attraktivität und Gesichtsmaßen für Frauen – lediglich weit auseinanderliegende Augen werden als unattraktiv bewertet. Ganz anders ist dies bei Männern. Dort wird ein breites Kinn und ein im Vergleich zur Gesichtslänge breites Untergesicht z.B. als attraktiv und auch als dominant empfunden.

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass für Frauen eher Durchschnittlichkeit und Symmetrie als attraktiv gilt, für Männer ein symmetrisches extremeres Einzelmerkmal: z.B. die eine Tendenz zur sozialen Dominanz signalisierende, breitere untere Gesichtshälfte. Diese Ergebnisse entsprechen den Vorhersagen, wendet man die Bedingungen der Partnerwahl auf Schönheit an. Schönheit wäre demnach ein ehrliches, fälschungssicheres Signal, das ein Fenster auf das „Immunsystem“ eines Individuums bietet. In Bereich der Attraktivitätswahrnehmung arbeiten die Mechanismen der Wahrnehmung und die biologische Systembedingungen der Partnerwahl zusammen. Unsere Gehirne bauen sich Schönheitsideale über Durchschnitt und Symmetrie aus den

Gesichtern und Körpern die sie sehen. Deshalb können solche Ideale bei verschiedenen Personen und in Kulturen unterschiedlich sein. Solche Ideale stellen aber auch Anpassungen an die Erfordernisse der Partnerwahl dar, denn sie ermöglichen es auch einen Partner zu finden, da das Schönheitsideal immer dem Mittelwert der Bevölkerungsgruppe in der man lebt entspricht.

Wir danken Herrn Prof. Karl Grammer für die freundliche Bereitstellung der Durchschnittsbilder (Testbilder) und die wissenschaftliche Beratung.

Prof. Karl Grammer
Institute for Urban Ethology at the Institute for Human Biology
Althanstrasse 14
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Tel: +43-1-31336-1253 Fax: +43-1-31336-788
http://evolution.humb.univie.ac.at
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